Waren Sie im Urlaub?

Wie einem doch eine solche Frage Freunde bereiten kann! Offensichtlich zeichnet einen guten Urlaub umfangreiche seelische Entspannung aus. Denn im Urlaub war ich zwar nicht, aber es ist nicht mehr nur für mich spürbar, dass es mir besser geht.

In der letzten Zeit haben sich solche Fragen irgendwie gehäuft. So richtig aufgefallen ist es mir, als meine Eltern vor drei Wochen zu Besuch waren und bereits bemerkten, dass ich erholter und zufriedener wirke. Letzte Woche bemerkte dann auch von meinem Schmerztherapeut, dass ich glücklicher und entspannter bin. Und dann kam gestern von meiner Lieblings-MTA (keine kann so Blut zapfen, wie sie!) die Frage, ob ich im Urlaub gewesen sei, da ich wohl so erholt und entspannt aussehe (okay, die paar Kilos sind auch aufgefallen, deshalb auch konkret die Frage nach dem Urlaub, aber das spielt grad nur ein Statistenrolle in meinem Chaosleben.
Wenn die Reflektion schon so stark von außen kommt, auch wenn es Menschen sind, die mich eher selten sehen (höchstens einmal im Quartal), kann ich nicht anders, als das konkret durchzudenken. Also was habe ich getan, damit es mir besser geht und in welchen Bereichen geht es mir besser?

In jedem Fall spielt der Anfang, also die Diagnosefeststellung, eine erhebliche Rolle. Das liegt nun rund 14 Monate zurück. Damals habe ich schon für mich gemerkt, dass es mir seelisch besser geht, weil das „Monster“ einen Namen bekommen hat und ich von der medizinischen Seite endlich ernst genommen wurde. Wenn es einen Namen hat, kann man es töten! Äh, ich meine, wenn es einen Namen hat, kann es besser verarbeitet werden, genau, und natürlich bekommt es dadurch eine Form und mit der Form auch eine Grenze und mit der Grenze eine Größe, die es nicht mehr als unendlich groß und unbeherrschbar erscheinen lassen. Gut, aber andererseits sind alle Schutzdämme gegen den Schmerz zusammengebrochen. Die „Anpassungsstörung“, also die Tatsache, dass ich mit der Situation erst einmal so gar nicht klar kam, war eine logische Konsequenz. Aber hey, ich wollte mich einfach nicht damit abfinden ständig Schmerzen zu haben, die mich teilweise komplett ausknocken, wollte nicht Unmengen an Pillen mein Leben lang nehmen, derer Wirkung nur gering ist für den horrenden Preis massiger Nebenwirkungen (mindestens 20 kg gehen auf die Rechnung der Psychopharmaka), wollte SO nicht die nächsten 10, 20, 30 oder wie viele Jahre es auch werden leben.

Also was tun? Alternativen finden. Eine Alternative sind meine Gedulds- und Gelassenheitsübungen, mit denen ich seit dem Frühjahr bewusst begonnen habe, um unnötigen seelischen und damit körperlichen Stress zu beseitigen, aber auch um glücklicher und zufriedener im Allgemeinen zu sein, weil „Kleinigkeiten“, die einen an die Decke bringen konnten, das nicht nun mehr können, indem ich ihnen nicht mehr den alten Stellenwert zugestehe. Tritt sich fest.
Auch wenn ich noch immer daran arbeite, meine geringe Leistungsfähigkeit zu akzeptieren, so mache ich dennoch Fortschritte, da ich diese Ursache identifizieren kann bevor es eskaliert und ich dreimal statt nur noch höchstens einmal über meinen toten Punkt gehe. Yay, meine Erschöpfungszustände werden schwächer und dementsprechend die Erholungsphasen weniger fordernd und ich kann wieder mehr machen – auch gegen das Schreien meiner Krankheit.

Klar, dabei ist die zweite Alternative, meine Grüne Fee, sehr hilfreich und wichtig. Mal ganz abgesehen davon, dass das Cannabis einen positiven Einfluss auf meinen allgemeinen Serotoninpegel, schützt es mich vor den schlimmsten Zuständen, denn jetzt kann ich den schweren Schmerzschüben mit etwas anderem als verzweifeltem Heulen entgegengehen – eine Stunde später, sobald die Schmerzlinderung und Muskelentspannung einsetzt, fühle ich mich dann immer zu jeglichen Schandtaten bereit! Zugegeben, das ist ein kritischer Punkt potentieller Selbstüberforderung, aber ich weiß darum und gehe die Sachen langsam und vor allem entspannt an.

Mein dritter Anker ist zwar keine Alternative, aber ein Glücksgriff: meine Physiotherapeutin. Sie hat mit viel Geduld und Einfühlsamkeit aus dem Brett, das mein Rücken war, mittlerweile wieder ein Zusammenspiel mehrerer Muskeln gezaubert. Auch hier sind es nur Quantensprünge, die man aber retrospektiv gut beobachten kann. Früher hatte ich sofort Verspannungsschmerzen im mittleren Rücken sobald ich beispielsweise beim Kochen oder Bügeln stand. Mal abgesehen davon, dass ich das Bügeln nicht mehr übernehme, treten diese Schmerzen gar nicht mehr auf. Klar, die oberste Schicht, die alle Probleme versteift hat, ist nun gelöst, dafür brechen jetzt Stück für Stück die verdeckten Dinge auf. Aber hey, immerhin nicht alles auf einmal! Im Moment braucht das Iliosakralgelenk (=ISG) dringend Aufmerksamkeit, aber okay, es hat ja Recht.

Na da sieh mal einer an: multimodale Schmerztherapie in der Praxis – Psychologisch (auch hier bekomme ich Hilfe von meiner V-Therapeutin) – Pharmakologisch – Physiologisch (ergänzt von meinem „Berg-auf-gibt’s-nicht“).  Darüberhinaus ist für mich mein familiärer Rückhalt als Basis und Katalysator unersetzlich <3